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1 Die Liebe und der Ärger der Anderen
2 Aus Der Bibliothèque
3 Neu!
4 70 Minuten Musik ungeklärter Herkunft
5 Ich bin der eine von uns beiden
Top Songs von "Andreas ..."
1 Andreas Dorau
2 Andreas Dorau
3 Andreas Dorau
4 Andreas Dorau
5 Andreas Dorau
6 Andreas Dorau
7 Andreas Dorau
8 Andreas Dorau
9 Andreas Dorau
10 Andreas Dorau
11 Andreas Dorau
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19 Andreas Dorau
20 Andreas Dorau
Andreas Dorau
Der Sohn eines protestantischen Pfarrers, der als Mitglied der bekennenden Kirche in der Nazizeit mehrfach inhaftiert wurde, lernte das Gitarrespielen von Holger Hiller (Palais Schaumburg) und schrieb bereits im Alter von 15 Jahren im Rahmen einer Schul-AG den NDW-Hit Fred vom Jupiter, den er entgegen dem Willen seiner Lehrer dem Atatak-Label zuschickte, nachdem er den Song zusammen mit den Marinas, die den Refrain singen, nochmal aufgenommen hatte. Die Single wurde ein großer Independent-Hit der Deutschen Welle. Er studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, München (Abschlussarbeit: Schlag Dein Tier), schrieb Filmmusik (u.a. zu Manta – Der Film) und arbeitete als freier Video-Consultant (u.a. für Mousse T., Xavier Naidoo, Söhne Mannheims).

Partner auf seinen drei Alben von 1992-97 war der Musiker Tommi Eckart, heute eine Hälfte des Duos 2raumwohnung. Die meisten Texte auf seinen Alben sind von Andreas Dorau selbst verfasst, doch hat seit den 90ern auch Wolfgang Müller von Die Tödliche Doris zahlreiche Texte für ihn geschrieben.

Doch, es stimmt schon, die Kulturpessimisten haben ja recht: Pop ist eine Flucht aus der Realität. Die Antithese zu Hartz IV gewissermaßen. Und im Prinzip bleiben uns bloß zwei Richtungen in die das Weglaufen lohnt: Entweder dorthin, wo die wilden Kerle wohnen, mit all ihren primitiven, rebellischen Exzessen. Oder ins Reich der Schönheit und Wahrheit, um sich emphatisch an eine Welt zu verschwenden, die das hoffentlich auch zu schätzen weiß. Wenn sich diese unterschiedlichen Wege einmal kreuzen, was sehr selten ist und ein großes Glück bedeutet, dann spricht man gerne mal von Großem Pop - dem Königsweg, der perfekten Balance.

Andreas Dorau ist ganz bestimmt kein von Yin und Yang geplagter Pop-Theoretiker, und dennoch stecken seine Lieder voller faszinierender und kreativer Widersprüche. Da gibt es hedonistische House-Tracks voller "Girls in Love", aber auch die rührend melancholische Meditation über "Tiere im Regen". Und wenn Dorau jetzt im Titel seines neuen Albums behauptet: "Ich bin der eine von uns beiden", dann ist das eben nur die halbe Wahrheit. Denn der andere, nennen wir ihn einfach mal Andreas, ist natürlich immer dabei.

Das war schon 1981 so, als der 16jährige Andreas Dorau beim Düsseldorfer Kunst-Punk-Label Atatak die Single "Fred vom Jupiter" veröffentlichte: Ein analoger Sequenzer-Beat, fröhlich zwitschernde Billig-Elektronik und die gutgelaunte Unschuld der Marinas, fünf singende Schulmädchen im Alter zwischen 12 und 14. Das Lied erzählt die niedliche Geschichte eines Außerirdischen, der auf der Erde notlandet weil sein Raumschiff keinen Sprit mehr hat. Die simple Schönheit dieses Songs wurde oft verkannt, weil er nicht nur in den coolen Neon-Bars und abgewrackten Punker-Höhlen lief, sondern auch in den Charts und im Radio.

"Fred vom Jupiter" war beinharter Underground, aufgenommen auf einer 4Spur-Bandmaschine - doch er trug weder Lederjacke noch schwarze Secondhandanzüge. Das war vielen Deutschen damals verdächtig. Nicht eindeutig genug. Heute gilt "Fred vom Jupiter" zu Recht als eine der innovativsten deutschen Popsingles überhaupt. Wie schon die Single entstand auch das Debütalbum "Blumen und Narzissen" unter dem Namen Die Doraus und die Marinas.

Und wieder vermischen sich radikaler DIY-Appeal, Disco Beats und die kokette Sweetness der Marinas zu einer eigenwilligen, deutschen Auseinandersetzung mit dem Thema Popsong. Deutsch deshalb, weil hier einfach mal ausprobiert wurde, ob es möglich ist, Lieder über den Traumberuf "Lokomotivführer" zu schreiben, oder über die "Nordsee", ohne dass am Ende volkstümelnder Kitsch dabei herauskommt. Das Bühnenbild für die Touren der Doraus und Marinas hatte damals der Plan-Musiker und Maler Moritz Reichelt entworfen: Eine ganze kleine Stadt, komplett mit Zäunen und Tulpen vorm Haus. "Da standen 16jährige Mädels, mit Babys im Arm, denen das Gesicht von Andreas reinmontiert war. Und drum herum Bambi-Borte!" erzählt Hagar, eine der Marinas, in Jürgen Teipels "Verschwende Deine Jugend".

Doch irgendwann war Schluss mit lustig: Die dauergrinsende Fröhlichkeit der Neue Deutsche Welle ergoss sich über der jungen Independent Szene um Labels wie What?s So Funny About und Atatak. Markus und Fräulein Menke zogen durchs Land, die Spaßtyrannei begann. Das durch einen schlechten Engineer verunstaltete Album "Die Doraus und Marinas geben offenherzige Antworten auf brennende Fragen" wurde an Sony lizenziert und Dorau klagt noch heute: "Wenn ich das Geld hätte, würde ich alle Exemplare vom Markt kaufen".

"Guten Morgen Hose" war der Ausweg aus diesem popkulturellen Missverständnis. Dorau war bereits kurz davor, die Musik aufzugeben, als er das Angebot bekam in einer Fernsehsendung, die in allen dritten Programmen lief, vier Stücke zu spielen. Mit kompletter künstlerischer Freiheit.

Er ging zu seinem ehemaligen Gitarrenlehrer Holger Hiller, dem Sänger von Palais Schaumburg und Studenten der Improvisierten Musik. Die beiden beschlossen, eine surreale Oper zu schreiben. Aus Textfragmenten bastelten die beiden ein Libretto, das sie von Putzfrauen und Gemüsehändlern singen ließen. Jeder Charakter hatte sein Instrument - wie bei "Peter und der Wolf" - die komplette Oper spielte in einer Küche. Die Kamerafrauen haben dann zwei Tage lang die Arbeit verweigert, so einen Quatsch würden sie nicht mitmachen. Doch letztlich mussten sie.

Das nach der Sendung veröffentlichte Mini-Album "Guten Morgen Hose" hatte, wie man sich denken kann, mit "Fred vom Jupiter" wenig gemeinsam. "Demokratie" war dann fast schon ein klassisches Singer/Songwriter-Album, mit "echten" Musikern und subkulturellen Hits wie "Frauenfüße" und dem kecken Titelsong: "Demokratie, langweilig wird sie nie". Als 1992 dann "Ärger mit der Unsterblichkeit" erschien, war unser Held bereits nach München umgesiedelt, um dort Film zu studieren. Eins war ihm in den letzten vier Jahren klar geworden: Er wollte nie wieder mit einer Band zusammenarbeiten. Deshalb war es eine glückliche Fügung, dass er in den schattigen Biergärten der Bayernmetropole den jungen Musiker Tommi Eckart kennen lernte.

Es war die Zeit der Umwälzungen, ein Paradigmenwechsel hatte stattgefunden, der Herrn Dorau gut zu pass kam: House und Techno regierten die Clubs und niemand brauchte mehr eine Band um Musik zu machen. Mit dem grandiosen Kifferdrama "Stoned Faces Don?t Lie" ("Er stand an der Straße und sagte zu mir: Willst du mal rauchen? Ich rauchte für vier") und dem bereits erwähnten "Tiere im Regen" enthält "Ärger mit der Unsterblichkeit" gleich zwei der schönsten Dorau-Klassiker.

Langsam wurde klar, wohin die Reise geht: Die anonyme, instrumentale Clubmusik zwischen gebrochenen Beats und Techno wurde für Dorau zur Matrix seines Songwritings. Und trotzdem gab es da immer wieder skurrile Lieder, die in keins der vorgefertigten Schemata passten. Geschichten, die tragisch enden und dennoch eine positive Melodieführung besitzen. Schizophrenie? Eher ein komplexes Weltbild. Auf dem zwei Jahre später erschienenen Album "neu!", hatten sich die Ideen und Skizzen von "Ärger mit der Unsterblichkeit" aufs wunderbarste entwickelt.

Deutsche Texte, tolles Songwriting und die kompromisslose Haltung von Techno - das war tatsächlich neu und damals einzigartig. Wie beim Vorgänger arbeiteten Dorau und Eckart wieder überwiegend mit Samples. Auch "70 Minuten Musik ungeklärter Herkunft" entsteht nach diesem Rezept. Erst Jahre später würden Bands diese Verbindung erneut aufgreifen.

Doch 1997 war so etwas eindeutig funky Avantgarde: "So ist das nun mal", "Lass uns brennen" und vor allem der Über-Hit "Girls in Love" beherrschten die Tanzflure, während "Blaumeise Yvonne" ausgesprochen lehrreich ans Herz appelliert. Trotzdem war Andreas Dorau unzufrieden: Clubstücke und Songs drifteten immer weiter auseinander - der laute Dorau will Partymachen und rocken, der sensible Andreas legt weiterhin Wert auf große Gefühle und subtile Arrangements.

Der große Erfolg von "Girls In Love" in Frankreich bringt die beiden widersprüchlichen Naturen zumindest vorübergehend wieder zusammen: "Girls In Love" wurde von ladomat an ein belgisches Techno-Label lizenziert, kurz danach entwickelt sich Wolfgang Voigts Grungerman-Remix zu einem massiven Hit.

"Man hatte uns deshalb zu einer gigantischen Radioshow eingeladen. Uns und die üblichen schwarzen Rapper mit ihren leichtbekleideten,blonden Sängerinnen. Das Radiokonzert war ein Fiasko - inklusive Massenschlägerei vor der Bühne und brennenden Telefonzellen im Hintergrund", erinnert sich Andreas im nachhinein mit wohligem Schaudern. Doch der Zirkus hat sich immerhin gelohnt: Einen Monat später stand das Original "Girls in Love" auf Platz 7 der Französischen Charts.

Trotz dieses Triumphs war Dorau lange Zeit unzufrieden mit dem Musikgeschäft. Es gibt Maxis, Remixe, Gastauftritte - doch auf ein neues Großwerk warten die Fans vergeblich. Nun ist es endlich soweit. "Ich bin der eine von uns beiden", das neue Werk des "Brain-Wilson-der Song-Elektronik" erscheint. Und das ausgerechnet bei Mute - dem Label, das 1984 "Fred Vom Jupiter" weltweit veröffentlichte. Auch in anderer Hinsicht schließt sich ein Kreis: "Ein Leben ohne Samples war für mich jahrelang unvorstellbar.

Doch dann fiel mir ein, dass ich ja Klavier spielen kann." Auf dem schönen und sehr raffiniert arrangierten "Schwarze Furchen" spielt er obendrein Autoharp - eine exotische Zither aus der Welt des Country & Western. Um ein Haar wäre "Ich bin der eine von uns beiden" allerdings für immer verloren gewesen. Vergraben zwischen Mischpulten und anderem technischem Equipment. Denn ein großer Teil des Albums entstand im legendären Can-Studio in Weilerswist, bevor dieser heiligeTempel der deutschen Musikgeschichte Stück für Stück verpackt und nach Gronau in das dortige Rock-Museum verschickt wurde.

Wie bei den Ausgrabungen einer römischen Kapelle wurde jedes Teil beschriftet und katalogisiert. Und irgendwo, zwischen den ca 10.000 alten Bundeswehrmatratzen die zur Lärmdämmung an den Wänden hingen, irgendwo dazwischen lagen die ungemasterten Bänder des neuen Andreas Dorau Albums. Der unerschrockene Künstler wühlte sich mehrere Tage lang durch eine Kulisse, die aussah wie das Versteck der Bundeslade in "Indiana Jones".

Vielleicht muss das ja so sein. Denn wo sollen Andreas Doraus ungewöhnliche Geschichten herkommen, wenn nicht aus einem ungewöhnlichen Leben? Und obwohl Dorau vermutlich wunderschöne Liebeslieder schreiben könnte - wenn er nur wollte - zieht es der grand Charmeur vor, seine erste Single-Auskopplung "Kein Liebeslied" zu nennen. "Schließlich gibt es ja noch genug andere Themen, bei denen es emotional werden darf", behauptet er. "40 Frauen" mit langen schwarzen Haaren, zum Beispiel oder die Anhänglichkeit der Kletten.

Andreas Dorau ist zurück und mit ihm die Widersprüchlichkeiten, die großen Pop ausmachen. Er hat es wieder einmal geschafft, die unterschiedlichen Fluchtbewegungen der Popmusik unter einen Hut zu bekommen. Seine elektronischen Songs haben den Groove einer pressfrischen Kompakt-Maxi und die Melodien der ganz großen Schwärmer des Pop. Und die Texte? Unverbesserliche Zeitgenossen und Grobiane werden nennen sie möglicherweise immer noch skurril nennen. Ich dagegen glaube, Andreas Dorau gehört zu den wenigen deutschen Songwritern, die ihre Lieder wirklich mit dem Herzen schreiben. Read more on Last.fm. User-contributed text is available under the Creative Commons By-SA License; additional terms may apply.